Fließ, eine Gemeinde zwischen Landeck und Reschenpass am steilen Westhang des Inntals, ist mit knapp 3000 Einwohnern eine der wenigen kleinen Gemeinden Tirols, die wächst. Im eigentlichen Dorfkern lebt nur ein Bruchteil der Bevölkerung des weitverzweigten, mit Weilern durchsetzten Gemeindegebiets.
Ein Wettbewerb, ausgeschrieben vom Amt für Dorferneuerung des Landes Tirol und begleitet durch eine "Vor-Ort-Ideenwerkstatt" des Büros nonconform, forderte einen multifunktionalen neuen Dorfkern mit Gemeindeamt, großer Arztpraxis, Lebensmittelgeschäft, 15 Kleinwohnungen für Junge und Alte, Jugendraum, Friseur, öffentlichen Toiletten und einer Tiefgarage.
Drei Tage lang waren die fünf teilnehmenden Architekturbüros vor Ort und diskutierten mit zahlreichen Bürgern diverse Wunschszenarien und Inhalte der Ausschreibung. Diese wurde daraufhin leicht abgeändert. Innerhalb einer Woche waren die konzepthaft darzustellenden Wettbewerbsbeiträge abzugeben, unmittelbar danach erfolgte eine Vorentscheidung der Jury. Die endgültige Entscheidung wurde erst nach öffentlicher Projektpräsentation der einzelnen Teilnehmer gefällt.
Die Herausforderung dieser Aufgabe bestand darin, ein umfangreiches Raumprogramm in eine kleinstrukturierte Umgebung zu integrieren sowie fast schon städtisch wirkende Nutzungen wie Tiefgarage, Parkplätze und Mietwohnungen in eine intakte dörfliche Umgebung mit Kuhställen, Hühnern und Obstbäumen einzufügen. Unser Projekt setzte die kleinteilige, würfelige Dorfstruktur fort und entwickelte, den Inhalten und notwendigen Zugänglichkeiten entsprechend, drei unterschiedlich große Baukörper im stark abfallenden Gelände, die durch ein Netz von Treppen, Wegen und Plätzen bis in deren Innenräume miteinander verbunden sind.
Zahlreiche archäologische Funde prägen diese geschichtsträchtige Gegend entlang der Via Claudia. Kurz vor Wettbewerbsbeginn wurden mitten am Grundstück eisenzeitliche Grundmauern eines Hauses entdeckt, deren Erhalt und Präsentation, lichtgebend in der Tiefgarage, eine weitere Charakteristik dieses Dorfes aufnehmen.
D.K. | R.K.
Rainer Köberl, geb. 1956 in Innsbruck. 1976–1984 Studium der Architektur in Innsbruck und Haifa. 1986–1992 Assistent bei Othmar Barth, danach verschiedene Lehraufträge an der Universität Innsbruck, der Akademie für Design Bozen und der Universität Liechtenstein. Teilnehmer an der 8. und 9. Architekturbiennale in Venedig.
Realisierte Projekte (Auswahl): Altersheim Nofels, Vorarlberg (1996), MPREIS in Wenns, Tirol (2001), Umbau Adambräu – Architekturzentrum Tirol, mit Giner + Wucherer (2005), Haus Hitz in Rorschach, Schweiz (2005), Sensei Sushi Bar in Innsbruck (2007), BTV Bank Mitterweg in Innsbruck (2011), Umbau Rathaus in Kufstein, Tirol, mit Giner + Wucherer (2011), Einkaufszentrum M-eins Mittersill, Salzburg (2013).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Bank für Tirol und Vorarlberg, Zentrale, in Dornbirn, Vorarlberg.
Auszeichnungen (Auswahl): Preis der österreichischen Zentralvereinigung der Architekten (1999, 2001, 2005, 2006, 2011), internationaler Architekturpreis „Neues Bauen in den Alpen“ (2006), Mies van der Rohe Award, Shortlist (2003).
Daniela Kröss, geb. 1978 in Zams, Tirol. 2001–2008 Studium der Architektur in Innsbruck. 2004–2008 Mitarbeit bei aut. architektur und tirol. 2008–2012 Mitarbeit in verschiedenen Architekturbüros. Seit 2012 selbständige Architektin in Innsbruck.
Realisierte Projekte (Auswahl): Modegeschäft Mühlmann in Innsbruck, mit Rainer Köberl (2008), Einfamilienhaus H in Innsbruck, mit Rainer Köberl (2010), öffentliches WC Altstadt in Innsbruck, mit Rainer Köberl (2011), Tonstudio "Musikzimmer Wien" in Wien (2012), Ideenwettbewerb "Den Toten ihre Namen geben" für Maly Trostinec, Weißrussland (2013), Wettbewerb Sanierung Volksschule in Landeck, Tirol (2014).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Schuhgeschäft Scarpa in St. Gallen, Schweiz, mit Rainer Köberl.