In seinem berühmten Text Architektonische Polychromie schreibt Le Corbusier, dass "Polychromie das Lebendigste ist, was es gibt, und auch das Aktuellste". Wo kann heute eine neue Diskussion über (seine) Farben ansetzen?
Um aktuelle Tendenzen zu verstehen, ist ein Vergleich mit historischen Konzepten nützlich. Noch im 19. Jahrhundert ist das Interieur der klassischen Tradition des rosa, grünen, blauen Zimmers verpflichtet. Die monochrom gefassten Räume sind statische, in sich geschlossene farbliche Einheiten, die erst durch eine Enfilade zu einer mehrfarbigen Sequenz verknüpft werden. Ganz anders bei Le Corbusier, der eine dynamische Polychromie ersinnt, die das offene Raumkontinuum der Moderne belebt. Ist Polychromie modisch oder zeitlos? Bei der Auseinandersetzung mit einem Meister wie Le Corbusier gilt es zu unterscheiden zwischen objektiven und daher allgemeingültigen Gestaltungsregeln und deren subjektiver Interpretation und Anwendung durch eine künstlerische Persönlichkeit.
Boden, Wand, Decke – wie arbeitet Le Corbusier mit Farben im Raum? Welches sind seine Farbskalen, seine Kompositionsprinzipien? Wie inszeniert er seine Architektur mit abgetönten Pastelltönen und Weiß respektive kräftigen Farben und Materialien wie Holz, Backstein und Béton brut? Was erlaubt er sich, was verbietet er sich? Fest steht jedenfalls, dass Farben den architektonischen Raum grundlegend verändern; es geht dabei um Gliederung und Auflösung von Volumen, Bildung und Veränderung von Räumen, Erzeugen und Stimulieren von Raumstimmungen.
Von La Chaux-de-Fonds über Paris bis nach Marseille: Wir begeben uns auf eine sinnliche Reise durch die Farbenwelt von Le Corbusier, die die Gestaltungsprinzipien seiner Architektur beschreibt und die von ihm entwickelten Werkzeuge wie die Salubra-Farbreihe oder das Instrument der Farbklaviaturen verständlich machen soll.
M.Z.
Filip Geldhof, geb. 1965 in Roeselare, Belgien. Studium mit Masterdiplom Internationales Management an der Universität Antwerpen. Über 20 Jahre Erfahrung im Exportgeschäft für verschiedene belgische und deutsche Unternehmen, in den letzten 15 Jahren im internationalen Objektge-schäft tätig. Seit anderthalb Jahren Exportdirektor der Firma Anker Professional Carpet.
Maria Zurbuchen-Henz, geb. 1958 in Trogen, Schweiz. Studium der Ar-chitektur an der ETH Lausanne und Zürich. Seit 1986 eigenes Architekturbüro in Lausanne, zusammen mit Bernard Zurbuchen. 2000–2006 Assistentin bei Prof. Arthur Rüegg an der ETH Zürich. 2002–2010 Dozentin für Innenarchitektur an der Haute École d’art et de design in Genf. 2006–2009 Gastprofessorin an der Architekturabteilung der ETH Lausanne, 2012 Seminarleitung zum Thema Architectural Color. Seit 2010 Dozentin am Haus der Farbe, Höhere Fachschule für Farbgestaltung in Zürich/Berlin.