Das Gesamtprojekt Hauptbahnhof Wien mit einer Größe von 109 ha ist die für Wien derzeit bedeutendste Infrastrukturmaßnahme. Der Hauptbahnhof ist mehr als ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und ein Impuls für die Stadtentwicklung – er ist eine Drehscheibe in einem europaoffenen Wien und durch seine Verbindung in alle Himmelsrichtungen ein Symbol für ein vereintes Europa.
Durch den Neubau der Verkehrsstation wurden im Umfeld des geplanten Hauptbahnhofs große Flächen frei, die gemäß dem Wiener Stadtentwicklungsplan zur Entwicklung eines neuen Stadtteils mit hohem Nutzungsmix und lebendigen Erdgeschoßzonen sowie hochwertigen Wohnquartieren genutzt werden. Diese den Hauptbahnhof umgebende Fläche hat in etwa die Form eines Quadrats mit rund 500 Metern Seitenlänge. Der zentrumsnahe Standort des künftigen Hauptbahnhofes ist für die innere Stadtentwicklung und die Nutzung von Synergie-Effekten wie geschaffen: Attraktive Grünflächen wie der Belvedere-Garten sind in unmittelbarer Nähe und werden durch die "grüne Lunge" des neuen Quartiers ideal ergänzt. Die gelungene Symbiose aus gründerzeitlichen Quartieren und hochqualitativem Neubau sowie die funktionierenden Infrastrukturen, der Anschluss an das städtische Verkehrsnetz mit U-Bahn, Straßenbahn- und Buslinien und nicht zuletzt der Hauptbahnhof Wien selbst schaffen einen neuen dynamischen Stadtteil mit höchster Lebensqualität.
In seinem Vortrag zeichnet der federführende Architekt DI Dipl.-TP Albert Wimmer die Entwicklung des Jahrhundertprojekts Hauptbahnhof Wien nach und erläutert dessen Dynamo-Effekt für die Entwicklung eines neuen Stadtteils.
Zur Signifikanz und Identität trägt das markante Design des Rautendachs bei, das mit seiner harmonischen Gestalt, seinem Rhythmus und Schweben eindeutig und einzigartig die Stadt Wien repräsentiert. Die einzelnen Dachrauten bestehen dabei aus einem räumlichen Fachwerk, in dessen Zentrum sich jeweils ein rhombusförmiges Oberlicht öffnet. Aus diesem Oberlicht wachsen zwei dynamisch geformte Zwillingsstützenpaare, welche den Lastabtrag mit einer Spannweite von rund 38 m ermöglichen. In der Überschiebung der Rautenzüge entstehen wiederum rautenförmige seitliche Öffnungen, welche mit einer geschuppten Glasfassade aus Dreiecksgläsern vor Wind und Wetter schützen. Die Untersichten bilden mit Knicklinien die Struktur des Faltwerkes ab und formen aus Dreiecksflächen einen Kristallkörper mit differenzierten Lichtspielen. Die Entwicklung dieser Kraftlinien ist das Ergebnis einer engen und frühzeitigen Zusammenarbeit von Architekten und Ingenieuren, welche sich in der Ästhetik der Konstruktion abzeichnet.
Dipl.-Architekt Peter Berger vom Architekturbüro Theo Hotz Partner Architekten, Zürich, geht im zweiten Teil des Referates auf die Entwicklung dieser Dachform ein.
A.W. | P.B.
Albert Wimmer, geb. 1947 in Wien. Studium der Architektur an der TU Wien, Diplomstudium der Stadtplanung an der Architectural Association in London. 1977 Gründung des Ateliers Albert Wimmer. 2003 Gründung der Albert Wimmer ZT GmbH. 1998–2007 Vorsitzender der Architekten im Wiener Künstlerhaus, seit 2012 Mitglied des Gestaltungsbeirates Linz. laufende Vortrags- und Jurytätigkeiten.
Schwerpunkte des Ateliers Wimmer: Wohnquartiere, Infrastrukturprojekte wie Bahnhöfe, Brücken und Verkehrsdrehscheiben, Health Design, Urban Design, Masterplanung, Kulturbauten sowie Bauten für temporäre Nutzungen. Die Herangehensweise ist neben den qualitativen Ansprüchen primär von sozialen, stadtplanerischen und ökologischen Gesichtspunkten geprägt.
Realisierte Projekte (Auswahl): Neues Konferenzzentrum bei der Wiener UNO-City in Wien (2008), Masterplan Eurogate, Europas größte Passivhausanlage in Wien (Teilfertigstellung 2013), Hauptbahnhof Wien (2014).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Neubau des Schwerpunktkrankenhauses Wien-Nord.
Auszeichnungen (Auswahl): Domico-Sonderpreis mit Team 3C – Wimmer/Schwarz/Hansjakob (1999), IOC/IAKS Award, Kategorie "Sports Facilities for International Events" (2003) , IOC/IAKS Award, Kategorie "Sports Grounds / Stadiums" (2005), Kärntner Landesbaupreis, Anerkennung (2008), IOC/IAKS Award, Kategorie "Stadiums" (2009), Brunel Award (2011), Design and Health Award (2013), Ukrainischer Staatspreis (2013), Design and Health Award, Kategorie "Product Design for Healthcare Application" (2014).
Peter Berger, geb. 1956 in Bern, Schweiz. Lehre als Zeichner. 1976–1979 Studium der Architektur an der Fachhochschule in Brugg-Windisch und 1982–1986 an der ETH Zürich. 1979–1982 Mitarbeit bei Prof. Justus Dahinden und seit 1986 bei Theo Hotz. 2011 Gründung der Theo Hotz Partner AG, Zürich, zusammen mit Theo Hotz und zwei weiteren Partnern. Seit 1991 Professor für Entwurf und Bautechnik an der Berner Fachhochschule und seit 2005 Professor an der Universität Zürich, CUREM, Master of Science in Real Estate. Diverse Juryarbeiten und Referate sowie Publikationen zum Themenbereich Industrielles Bauen, Stahlbau, Wohnungsbau, Flexbuilding. Forschungsarbeit zum Thema "Geschichte Stahlbau Schweiz".
Realisierte Projekte (Auswahl): Messe Basel – Halle 1 (1999), Wohnsiedlung Regina-Kägi-Hof in Zürich (2002), Shopping- und Entertainment Center Sihlcity in Zürich (2007), Sky Key – Neuer Hauptsitz der Zürich Versicherung in Zürich (2014), Hauptbahnhof Wien (2014).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Diverse Bauten im Bereich Wohnen, Arbeiten und Transformation sowie Bahnhofprojekte in Bern, Luzern, Aarau, Schweiz und Bozen, Italien.
Auszeichnungen (Auswahl): Heimatschutzpreis (2000), Europäischer Stahlbaupreis (2001), European Shopping Center Commendation (2008), Auszeichnung guter Bauten Kanton Zürich (2002, 2013).