Die bestehende Situation ist geprägt von der Lage des Grundstückes im Spannungsfeld zwischen offener Seelandschaft und kompaktem Stadtgefüge. Der geschlossenen Stadtbebauung vorgelagert befindet sich ein inselartiges Baufeld, das durch Solitärbauten mit übergeordneter Nutzung besetzt ist. Dazwischen ergeben sich schöne Sichtachsen aus der Stadt auf den Bodensee. Die Neukonzeption des Landesmuseums entwickelt sich strukturell aus den örtlichen Gegebenheiten und bildet städtebaulich als neuer Solitär den westlichen Abschluss der Reihe wichtiger Punktbauten.
Sämtliche Themen von Aufstockung und Neubau sind aus dem Bestandsbau heraus entwickelt, wurden transformiert, interpretiert oder weitergedacht. Das Konzept basiert im Gegensatz zur gängigen denkmalpflegerischen Meinung, Neubauteile durch Kontrast von bestehenden Strukturen abzusetzen, auf dem historischen Prinzip des Weiterbauens und der Einheit von Alt und Neu.
Der denkmalgeschützte Gebäudebestand der Bezirkshauptmannschaft wird nahezu vollständig erhalten und in die Gesamtlösung integriert. Das bestehende Gebäude wird mit zwei Geschossen vertikal erweitert; direkt anschließend wird Richtung Kornmarktplatz ein fünfgeschossiger Neubau entwickelt. Die hufeisenförmige Grundrissform des Bestandes wird mit dem Neubau zum Ringsystem geschlossen. Gebäudebestand, Aufstockung und Neubau bilden mit einer klaren und kompakten Gebäudefigur eine neue solitäre Großform.
Eine einheitliche Farbgebung verbindet sämtliche Gebäudeteile zu einem großen Ganzen. Durch die größere Höhe sowie durch die neue Farbgebung erhält das neue Museum eine starke Präsenz sowohl im Stadtraum als auch am Bodenseeufer. Die unterschiedlichen Bauabschnitte werden durch differenzierte Fassadenstrukturen und Oberflächentexturen sichtbar gemacht.
Bei der Fassadengestaltung sind Architektur und Kunst im wahrsten Sinne des Wortes aus einem Guss. Durch die intensive und enge Zusammenarbeit zwischen Architekt und Künstler entstand ein Fassadenrelief, das mit seinem Licht-Schatten-Spiel in ständiger Verbindung mit dem Tageslicht und den Jahreszeiten steht. Das Relief zeigt sich als plastisch wirkende Fassade und besteht aus 16.656 einzelnen Betonblüten, die in einem flächenfüllenden ornamentalen Streumuster über die Fassadenteile des Neubaus verteilt wurden. Als Inspirationsquelle dienten Fundstücke und Sammlungsteile aus dem reichen Fundus des Landesmuseums. An der Ornamentik spiegelt sich nicht zuletzt die kulturelle Logik des Museums als Beziehungsfeld von Rarität und Konsumartikel, Unikat und Massenware.
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Andreas Cukrowicz, geb. 1969 in Bregenz. Architekturstudium an der TU Wien sowie an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Seit 1996 gemeinsames Büro mit Anton Nachbaur-Sturm in Bregenz. 2012–2013 Gastprofessur Masterstudiengang Entwerfen, TU München.
Realisierte Projekte (Auswahl): Veranstaltungssaal Wolfurt, Vorarlberg (1998), Rotes Kreuz Zentrale Vorarlberg in Feldkirch (2001), Volksschule Doren, Vorarlberg (2003), Stadtbad Dornbirn (2005), Gemeindezentrum St. Gerold, Vorarlberg (2008), Kapelle Alpe Vordere Niedere in Andelsbuch, Vorarlberg (2008), Landesgedächtniskapelle der Basilika Rankweil, Vorarlberg (2008), Messe Innsbruck, mit M. Zaffignani, R. Bechter und T. Marte (2011).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Feuerwehrhaus Götzis, Vorarlberg, Headquarter Gebrüder Weiss in Lauterach, Vorarlberg, Headquarter DMG MORI in Winterthur, Schweiz, Servicegebäude im Freibad Neuhausen am Rheinfall, Schweiz, Feuerwehrhaus Thüringen, Vorarlberg, Sozialzentrum Koblach, Vorarlberg.
Auszeichnungen (Auswahl): Architekturpreis Neues Bauen in den Alpen (2006), 2-mal Best Architects Award (2008), Staatspreis Architektur (2008), Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit (2010), Red Dot Award Winner (2011), International Architecture Award (2012), Best Architects Award Gold (2014).
Weiterführende Links:
www.cn-architekten.com