Der Wandel des Landschaftsbegriffs ist, auch über die Cultural Landscape Studies hinaus, bereits breit diskutiert worden. Dass Landschaft nicht mehr nur mit dem Ländlichen, dem freien Land, sondern längst auch mit der Stadt in Verbindung zu bringen ist, findet nicht zuletzt im Begriff der Stadtlandschaft seinen Ausdruck. In diesem Bereich der Stadtlandschaft situiert, soll nun am Beispiel der Volksschule Hausmannstätten der unmittelbare Zusammenhang von Umfeld und architektonischem Konzept erläutert werden.
Der Neubau der Volksschule wird wesentlich von seiner besonderen Lage zwischen weiten, landwirtschaftlich genutzten Wiesenflächen, bestehender Hauptschule mit Sporthalle und dem neu gestalteten Parkareal am Bach sowie der Übertragung dieser umgebenden Landschaft in das Innere des Gebäudes bestimmt.
Während das Erscheinungsbild von Hausmannstätten von der heterogenen Bebauung an den Durchzugsstraßen bestimmt wird, rückt der Neubau der Volksschule aus dem unmittelbaren Blickfeld des Autofahrers. Zwischen Hauptschule und Bach gelegen, profitiert das Gebäude nicht nur vom attraktiven Schulweg der Kinder und dem freien Blick aus den Räumen im Gebäudeinneren auf die Umgebung, sondern auch von der bestehenden Höhenkante zwischen aufgeschüttetem Sportplatzniveau und natürlich geneigten Wiesenflächen. Entlang dieser Geländestufe kann das Eingangsgeschoss an zwei Seiten in den Hang geschoben werden, während das Bauvolumen darüber nur zweigeschossig in Erscheinung tritt.
Die Gebäudehülle wird zum vielfältig nutzbaren Übergangsbereich von Außen- und Innenraum. Das auskragende Erdgeschoss überdeckt den Sitzbereich vor Speisesaal und Werkraum; Loggien in den Obergeschossen erweitern die Klassen- und Pausenräume durch Freibereiche.
Nathalie de Vries (Kuratorin des Landesarchitekturpreises 2013) sieht die erweiterten Pausen-, Arbeits- und Bewegungsflächen im Inneren der Volksschule als Weiterführung einer "Promenade Architecturale", die in den freistehenden, überbreiten Treppen ihren besonderen Ausdruck findet.
Die Treppe aus dem Eingangsgeschoss wird im Bereich der alten Geländestufe in das Erdgeschoss hochgeführt. Vom Haupteingang im Untergeschoss kommend, durchqueren die Kinder das Gebäude; die Treppe wird zum besonderen zweigeschossigen Raum, der sich im Erdgeschoss zum Lesebereich erweitert und von der Sportplatzseite hell belichtet wird. Von Galerien und Deckenöffnungen ergänzt, gibt sogar die zentrale Treppe jederzeit den Blick auf den Grünraum der Umgebung frei.
U.T.
Uli Tischler, geb. 1956 in Kapfenberg. 1974–1984 Studium der Architektur an der TU Graz. 1989–1993 Assistentin bei Günther Domenig. 1991 Gründung des Architekturbüros Uli Tischler. Seit 1997 Assistenzprofessorin am Institut für Gebäudelehre der Technischen Universität Graz. 1988–2002 Gründungs- und Vorstandsmitglied (Vizepräsidentin) Europan Österreich. Seit 1995 Vorstandsmitglied und Beirat im Verein BauKultur Steiermark und ab 2013 Vorstandsmitglied im Internationalen Städteforum Graz.
Martin Mechs, geb. 1975 in Nürnberg. 1995–2007 Studium der Architektur an der TU Graz. Seit 1994 Mitarbeit in Büros in Nürnberg, San Francisco und Graz. Mitarbeit im Architekturbüro Uli Tischler seit 1997, ab 2009 Zusammenarbeit unter dem Namen .tmp architekten | tischler mechs Projekte.
Realisierte Projekte (Auswahl): Haus M in Nürnberg (2005), Mostbox Wies, Steiermark (2006), Haus G in Leibnitz, Steiermark (2006), Haus SH in Graz (2009), Volksschule Hausmannstätten, Steiermark (2011), Volksschule Gabelsberger in Graz (2012).
Aktuelle Projekte (Auswahl): Sportlerwohnhaus KSV 1919 in Kapfenberg, Steiermark (Wettbewerb 1. Preis 2013), Umbau Haus N in Kirchberg, Niederösterreich, Agriturismo Kante Fuoco in Prepotto, Italien.
Auszeichnungen (Auswahl): Geramb Rose – Verein Baukultur Steiermark (2012 und 2006), Architekturpreis des Landes Steiermark (2013), Holzbaupreis – Innovation (2013), Bessere Lernwelten, Auszeichnung (2013), Das beste Haus (2013).
Weiterführende Links:
www.t-m-p.org