Wabenhaus
Raus aus der Box!
Wir reißen die üblichen Wandstrukturen einer Box für ein neues Raumgefühl auf – das Rechteck wird zur Wabe, zu einem neuen Lebensraum mit weiterem Horizont.
Beim Spaziergang durch das neue urbane Quartier in Riem im Münchner Osten sieht man, was man nahezu überall in Deutschlands Neubaugebieten zu sehen bekommt: weiße Quader mit standardisierten Fassaden aus Vollwärmeschutz in einem Raster aus Grün und Grau. Das ist die Kulisse unseres Alltags, eine Collage aus den immer gleichen Elementen. Ein trauriger, urbaner Loop aus Einfallslosigkeit und Langeweile.
Der Architekt Peter Haimerl und sein Team haben das geändert. Zusammen mit der experimentierfreudigen Wohnungsbaugenossenschaft WOGENO in München-Riem wurde das Wabenhaus MAMA in konventioneller Massivbauweise realisiert und 2023 fertiggestellt. Das Gebäude setzt sich aus sechseckigen, horizontal aufeinander gestapelten wabenförmigen Röhren zusammen, die zu einem Cluster in Form eines großen Wabenstocks montiert werden. Das in der Natur weit verbreitete Prinzip der Hexagonalstruktur erlaubt intelligente, räumliche Verschachtelungen und ermöglicht unzählige Kombinationsmöglichkeiten von Raumeinheiten und Clustern. Wände verschwinden und werden zu Verbindungstreppen oder Raumtaschen.
Das Wabencluster ist optimal für genossenschaftliches Leben: Es ist gemeinschaftlich, es ist sozial, es ist einbindend und öffnet sich zur Nachbarschaft.
P.H.
Der Derzbachhof
Der älteste Bauernhof Münchens – wenige Worte genügen, um die Einzigartigkeit des Projekts zu beschreiben. Zwei scheinbar gegenläufige menschliche Sehnsüchte prägen einen Ort und seine Architektur: das ländliche Idyll und die urbane Großstadt. Das denkmalgeschützte Bauernhaus mit Tenne bildet Atmosphäre und Maßstab und inspiriert den Neubau bis ins Detail. Die Kargheit alter Bauernhäuser passt dabei zu modernen, konzentrierten, ja bescheidenen Wohnkonzepten: geglätteter Beton, sichtbares Holz und rote Tonfliesen. Mit wenigen Materialien lässt sich der Raumeindruck fassen.
Auch in der äußeren Erscheinung ist die Auswahl überschaubar: Holzfassaden, ziegelgedeckte Dächer, Gredplatten aus Granit. Sogar das Klischee der bäuerlichen Großfamilie wirkt in diesem Projekt nach: Das alte Bauernhaus mit Stube, Küche und Schlafräumen dient den Eigentümern als Gemeinschaftshaus. Die Freianlagen sind intensiv gestaltet und gemeinschaftlich bewirtschaftet: Obstbäume, Hühner und ein Bauerngarten bewahren die Erinnerung an den bäuerlichen Ursprung von Forstenried.
W.W.
Walter Waldrauch, geb. 1976 Mödling, Niederösterreich. Studium an der TU Wien und der CVUT Prag. Mitarbeiter bei querkraft und Mikado Architekten. 2007 Gründung der raumstation Architekten GmbH. 2019–2022 Korrekturassistent für Entwerfen und Holzbau an der TU München.
Peter Haimerl, geb. 1961 in Eben, Deutschland. Seit 1991 eigenes Büro in München. Zahlreiche Projekte, in denen Architektur mit Bereichen wie Computer-Programmierung, Soziologie, Wirtschaft, Politik, Musik oder Kunst fusioniert. Seit über dreißig Jahren Lösungsansätze für die Vernetzung von Großstädten unter dem Label zoomtown. Lehraufträge an der FH München und der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Gastprofessur an der Universität Kassel, Professur an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz.