MARGIT ULAMA. Das Thema „Zeitenwende”, das beim letzten Festival im Fokus stand, bleibt nach wie vor virulent. Und doch sind zentrale Probleme des Vorjahres wie unterbrochene Lieferketten und Energieengpässe in den Hintergrund gerückt; die Bekämpfung der Inflation zeitigt Erfolge. Zugleich bleibt es eine permanente Herausforderung, Strategien gegen den Klimawandel zu entwickeln und umzusetzen. Die Krise der Bauwirtschaft ist schließlich neu hinzugekommen. Die Herausforderungen verändern sich also stetig, sie präsentieren sich höchst vielfältig und münden in einer Frage: Was können oder sollen die Perspektiven für die Gesellschaft im Allgemeinen und das Bauen im Speziellen sein?
Das Architekturfestival TURN ON hat sich seit seinen Anfängen das Ziel gesteckt, positive Entwicklungen und produktive Überlegungen aufzuzeigen. In der heutigen Zeit ist dies schwieriger, zugleich aber auch wichtiger als je zuvor. Das Bauen ist zwar ein träges, langsames Medium, trotzdem sind dringende Veränderungen möglich. Andererseits war Baukultur gerade in früheren Zeiten schon nachhaltig, als es diesen Begriff noch gar nicht gab. Eine zentrale Perspektive ist somit die Suche nach einer „neuen Baukultur”.
Das diesjährige Programm präsentiert Initiativen, die auf die skizzierten Herausforderungen reagieren, und dokumentiert Strategieänderungen der Industrie. Es fokussiert grundlegende Themen des immer komplexer werdenden Bauprozesses, aber auch der Baukultur im ureigenen Sinn, dargestellt anhand speziell ausgewählter aktueller Beispiele. Den Rahmen dafür bilden die Programmschienen TURN ON PARTNER am Freitag und TURN ON am Samstag. Was Baukultur denn nun eigentlich sei und ob diese beim jeweiligen Beispiel geschaffen werden konnte, stellt oft eine schwierige Frage dar. Die Suche nach Antworten ist ebenfalls Teil des Programms.
Der Festvortragende 2024, Andreas Hofer, der das diesjährige Festival eröffnet, reflektiert die politischen und architektonischen Visionen, die die Stadtregion Stuttgart im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2027 verfolgt, und er postuliert: Eine der reichsten Regionen Europas müsse sich neu erfinden.
Die Talkrunde rückt keine neue, dafür eine umso brisantere Frage in den Mittelpunkt: Wie könnte der Bodenverbrauch und damit die Bodenversiegelung nun wirklich eingedämmt werden? Braucht es Gesetzesänderungen oder viele kleine Initiativen mit Vorbildwirkung? Top-down oder Bottom-up?