Was hat die Salvatorgarage in München mit Adolf Loos zu tun? Eigentlich nichts und gerade deswegen eine ganze Menge.
Loos kämpfte gegen das Ornament, gegen alles Überflüssige, gegen das Kopieren und dagegen, dass die Zeit keinen eigenen Stil hatte. Damals traute man nur dem Entwurf eines Stuhls, der die fünf Säulenordnungen in- und auswendig kannte, nichts aber vom Sitzen verstehen musste. Loos tat sich schwer damit, dass er selbst in den letzten 20 Jahren erst aus Gefäßen mit ornamentierten Handgriffen aus der Renaissance getrunken hatte, dann aus Gefäßen mit Barockmustern und schließlich aus solchen mit Rokoko-Verzierungen.
Er predigte eine Zukunft, die auf Verzierungen, Muster, Ornamente verzichten würde. Seiner Meinung nach konnten Ornamente von jemandem, der auf unserer Kulturstufe lebt, nicht erschaffen werden, denn nur primitive Kulturen würden alles mit Mustern überziehen. Fortschritt der Kultur bedeutete für ihn Verzicht auf Dekoration.
Was aber, wenn man heute eine Architektur will, die über die reine Funktionserfüllung hinausgeht? Wenn man Emotionen will? Wenn man die Wand als ein Gewand sieht, das kleidet, maskiert, verhüllt, strahlt? Wenn man genau dazu Lust hat sowie einen Plan, eine Vision, einen Computer und einen Programmierer, der das umsetzt? Was, wenn man einen Laserschneider hat und einen guten Bauherrn?
Dann kann man ein neues Ornament entwickeln: mit Hilfe des Computers und Programmen, die Wachstumsprozesse aus der Natur simulieren.
Genau das wurde an der Fassade der Salvatorgarage in München umgesetzt.
P.H.
Werner Jandrisits, geb. 1966 in Güttenbach, Burgenland. WKSB-Isolierermeister, zertifizierter Sonderfachmann für die Gebäudehülle. Leiter Technik Österreich bei Triflex GmbH.
Peter Haimerl, geboren 1961 in Eben, Deutschland. Studium an der FH München. 1991 Gründung von peter haimerl. architektur.
Peter Haimerl konzentriert sich auf Projekte, die die Grenzen konventioneller Architektur innovativ überschreiten. Sein Arbeitsprozess ist geprägt vom Austausch und der Einbindung verschiedenster Experten. Dabei entstehen ganzheitliche Konzepte, in denen Architektur mit Bereichen wie Computer-Programmierung, Soziologie, Wirtschaft, Politik oder konzeptioneller Kunst fusioniert. Unter dem Leitmotiv "Attraktion statt Restriktion" widmet sich Peter Haimerl verstärkt dem Thema Bauen im Bestand und engagiert sich im Rahmen der von ihm ins Leben gerufenen "Haus.Paten"-Initiative für die Baukultur im Bayerischen Wald.
Auszeichnungen (Auswahl): Förderpreis für Baukunst der Akademie der Künste in Berlin (1995), Preis Denkmalschutz und Neues Bauen (2008), Deutscher Architekturpreis Beton (2008), reddot designaward: product design (2009), Regionalpreis BDA Niederbayern/Oberpfalz (2009), Preis des BDA Bayern, Kategorie Umbau, und Preis der Jury (2010), Deutscher Architekturpreis, Anerkennung (2011), Deutscher Architekturpreis, Auszeichnung (2015), Regionalpreis BDA Niederbayern/Oberpfalz, Auszeichnung (2015), Materialpreis, 1. Auszeichnung Kategorie Beton (2015), Bayerischer Kulturpreis (2015).