Samstag, 7. März | 15:15
Revitalisierungen – Giatla | Moser | Kesslerstadel
Vitalisieren bedeutet unter anderen beleben. Es dreht sich also ums Leben. Für die Bauten geht es zumeist ums (eigene) Überleben, für die Nutzerinnen und Nutzer ums (sinnliche) Erleben. Wir als Planer entscheiden uns meist für das Leben. Mit dieser ersten und zugleich wichtigsten gestalterischen Entscheidung werden die Geschichten der Bauten, die im vorliegenden Fall zwischen 150 und 350 Jahre alt sind, weitererzählt, weiter in ein Jetzt und im besten Fall sogar in ein Morgen hineinerzählt. Es sind Geschichten über das Handwerk, über die physische Arbeit, über Reinigungsprozesse, über ein „So-sein” oder über ein „So-geworden-sein”.
Vitalisieren bedeutet auch anregen. Der Bestand regt also zuerst uns selbst als Planer an, neue Geschichten dazuzuerfinden, aber auch vorhandene Mängel zu beheben, zu kürzen, freizulegen oder neue Funktionen und Nutzungen einzuschreiben. Unser Vorgehen dabei ist ein offenes und experimentelles, ein radikales und reduziertes, ein atmosphärisches und flüchtiges, aber auch ein wertschätzendes und achtendes. Fundamental wichtig ist dabei auch ein rohes und raues „Stehen-lassen-können”.
Bei dem prozesshaft entstandenen Ergebnis durchdringen und bedingen sich Bestand und Neues gegenseitig. Das Ergebnis stellt uns dann zufrieden, wenn die Lösungen ohne ein Zusammenwirken, ohne ein Zusammendenken, unter Umständen auch ohne ein Konfrontieren nicht entstanden wären. Dies gilt sowohl für die Raumkonstellationen und den Materialkanon als auch für die Lichtführungen.
R.M. | R.P.
Reinhard Madritsch, geboren 1968 in Wien. Matura an der HTL Villach, Möbelbau. Anschließend Architekturstudium in Wien und Innsbruck bis 1996. 2000 Ziviltechnikerprüfung und Selbstständigkeit. Büro in Innsbruck.
Robert Pfurtscheller, geboren 1961 in Neustift, Tirol. Matura an der HTL Innsbruck, Hochbau. 1984–1988 Studium am Mozarteum Salzburg, Malerei und Graphik, Lehramt. Seit 1992 Arbeiten, Projekte und Überlegungen im Feld zwischen Kunst und Architektur. Büro in Innsbruck.
Seit 2006 gemeinsames Büro in Innsbruck.
Kesslerstadel, Matrei, Osttirol, 2019
Foto: Miriam Raneburger