Donnerstag, 5. März | 17:50

Standortbekenntnis und Stadtreparatur


Als in den 70er Jahren der Neubau für die Hauptverwaltung der Sozialversicherungsträger errichtet wurde, hätte um ein Haar das benachbarte Wittgensteinhaus dem Bauvorhaben weichen müssen. Schlussendlich entschied man sich glücklicherweise dafür, den dunklen, introvertierten Baukörper einige Meter weiter im ehemaligen Garten des mittlerweile zu Recht denkmalgeschützten Hauses zu platzieren. Maßstäblichkeit zum vorgefundenen baulichen Umfeld spielte bei der Planung seinerzeit jedoch offensichtlich keine große Rolle.

Mit ihrem Entwurfsprojekt, das als Sieger aus einem internationalen Wettbewerbsverfahren hervorging, versuchen die Pariser Architekten Chaix & Morel gemeinsam mit ihrem in Wien ansässigen Projektpartner Christian Pichler eine neue Maßstäblichkeit herzustellen, die das historische Umfeld, die Baumaßnahmen aus den 70er Jahren und die Neubauten zu einer harmonischen Stadtlandschaft zusammenfügt. Hierfür wird ein Gebäudeflügel des Bestandes abgebrochen und durch neue Zubauten ersetzt, welche in einer großzügigen Geste einen neuen öffentlichen Vorplatz generieren.

Die frei angeordneten Kuben des Neubauvolumens folgen funktionellen Anforderungen und tragen zugleich städtebaulichen Aspekten des Umfelds Rechnung. Das neu gestaltete Gebäudeensemble öffnet sich zur Stadt und dem erweiterten Ida-Bohatta-Platz.

Auch die Gebäudehülle präsentiert sich in Zukunft transparent und einladend und macht das Gebäude zugleich zu einem Leuchtturmprojekt energetischer Nachhaltigkeit.
Flexible Arbeitswelten und Versammlungsräume, eine gute Tageslichtausleuchtung bis in die innen liegenden Flurbereiche hinein sowie ein zeitgemäßes Erscheinungsbild des Gesamtensembles mit neuen begrünten Freiflächen und offenem Vorplatz stellen neben den Aspekten der Nachhaltigkeit den Mehrwert dieser ungewöhnlichen Generalsanierung dar.
M.G. | C.P. | J.H.

Max Göschl, geb. 1969 in Zwettl, Niederösterreich. Studium der Architektur an der TU Wien und der Universität in Portsmouth, England. Mitarbeit u.a. in den Büros von Boris Podrecca, Ernst Hoffmann, Werner Consult. Ab 1997 Spezialisierung auf Projektleitungs-, Management- und Bauherrenvertretungs-aufgaben u.a. in der Bundesimmobiliengesellschaft bzw. bei der Generalsanierung Finanzministerium Himmelpfortgasse oder beim Hangar 7 Flughafen Wien. Seit 2014 Projektleitung UNH Kundmanngasse. Seit 2016 Leitung der Abteilung Facility Management im Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen.

Jan Horst, geb. 1974 in Hamburg. Studium der Architektur in London. Mitarbeit in den Büros von Norman Foster and Partners, Massimiliano Fuksas und Dominique Perrault. Seit 2009 bei Chaix & Morel et Associés zuständig für internationale Projekte, seit 2018 Mitglied der Geschäftsführung.

Christian Anton Pichler, geb. 1971 in Villach. Architekturstudium an der TU Innsbruck. 1994–2000 Mitarbeit bei Dietmar Feichtinger Architectes in Paris. 2000–2003 Büro Atelier d’Architecture Chaix & Morel et Associés in Paris. 2004–2005 Büro ATP in Wien. Seit 2004 Christian Anton Pichler ZT GmbH. 2005–2006 Büro BEHF in Wien. Seit 2007 eigenes Büro in Wien und Zusammenarbeit mit Chaix & Morel et Associés. 2009–2012 Lehrauftrag am Institut für Gestaltung an der TU Innsbruck. Gründer und Geschäftsführer des Architekturbüros CAPP in Wien.