Am Stadtrand von Wien und Salzburg
Der Satz „Ich wohne am Stadtrand” vermittelt keine eindeutige visuelle Assoziation, sondern lässt im Gegenteil eher das Gefühl einer gewissen Orientierungslosigkeit und Verlorenheit spüren. Die Identität des Stadtrandes ist seine Gesichtslosigkeit. Egal ob Wien oder Salzburg – der Rand der Stadt ist immer geprägt von uneinheitlichen Baustrukturen. Großflächige Bauten für Gewerbe, Industrie oder Landwirtschaft überlagern ansatzlos Landstriche mit Einfamilienhausbebauung.
Unser Anliegen ist daher, für das Wohnen am Stadtrand Siedlungsstrukturen und Wohntypologien zu entwickeln, die einerseits eine starke, merkfähige Identität aufbauen – klar erkennbare „Inseln” im Siedlungsbrei – und andererseits Wohnqualitäten schaffen, die aus dem Defizit der Randlage einen Nutzen ziehen können: eine geringe Dichte und die Wohnung als Haus mit Garten oder einer dem Garten ebenbürtigen Freifläche.
Eine Bebauungsdichte von ca. 0,8 entspricht dem klassischen verdichteten Flachbau von zweigeschoßigen Reihenhäusern. Im Rahmen einer Bebauungsstudie für das Areal Mühlweg | Fritz-Kandl-Gasse wird eine Bebauungstypologie entwickelt, die diese Qualitäten des verdichteten Flachbaus – der ein- bis zweigeschoßigen Wohnung mit Garten – in den Geschoßwohnbau bringt.
Die scheinbare Irregularität des Siedlungsplanes zwischen Saalachstraße und Rottweg in Salzburg wiederum entsteht nicht durch Entscheidungen der Form, sondern aus der Ökonomie von Flächenverteilung und Erschließung. Die Bauten bilden kleine „Wagenburgen”, Setzungen im heterogenen Umland, in deren Innerem Urbanität und Identität entstehen könnte.
B.G.
Bettina Götz, geb. 1962 in Bludenz, Österreich. 1980–1987 Architekturstudium an der TU Graz. Seit 1985 ARTEC Architekten mit Richard Manahl in Wien. Seit 2006 Professur Entwerfen und Baukonstruktion an der Universität der Künste Berlin.