Vorträge nonstop im RadioKulturhaus Wien. Samstag, 10. März 2007. 13.00 bis 22.00 Uhr.
"Turn On Partner"    Freitag, 9. März 2007. 13.30 bis 18.00 Uhr.
Apartmenthäuser in Venedig
 
Die fünf Häuser auf der Giudecca in Venedig sind Teil eines adriatischen Programms unseres Ateliers, das beinahe gleichzeitig an der Grenzlinie zwischen dem Wasser und den Städten Venedig, Triest und Koper mit seinem Hinterland entstanden ist. Nach der Einstellung der Produktion wurde für das Areal der Junghans-Fabrik auf der Giudecca am breitesten und transversal geführten Kanal der Insel 1995 ein internationales Gutachterverfahren ausgeschrieben.

Im Rahmen des Masterplans von Cino Zucchi erfolgte unsere Beauftragung für fünf Häuser – ein Solitär, drei als Reihe am Kanal der Lagune zugewandt und eines im Hintergrund an einer neu errichteten Wasserstraße. Die gestalterische Linie dieser neuen Implantate zwischen mehreren reanimierten Werkshallen des Junghans-Areals bestand in der Transformation der historischen, gewachsenen Typologie Venedigs – vom Pallazzetto bis zu den elementaren Bauten der Venezia minore und der Restitution der Sedimente in Form einer zeitkonformen Architektur.

Die fünf Häuser befinden sich in einem dialogischen und mikrourbanistischen Netz, in dem ein Campo, mehrere Calli, Brücken und Stiegen das Nervensystem zwischen Alt und Neu herstellen. Wie in der Typologie und dem Erscheinungsbild der Häuser, so galt auch, was die Materialität des Projektes betrifft, auf Verschiedenheit und spezifische Verwendung zu setzen: Ziegel, istrischer Stein, Grassello (ein Spachtelwerk, das die Werkstatt De Luigi auch an sämtlichen Bauten Scarpas angewandt hatte), Eichen- und Kirschholz, Textilvorhänge etc. bilden ein Bukett des Gleichen im Anderen.

Aus dem Ganzen ergibt sich eine differenzierte Wertigkeit des Wohnens durch die Zusammenführung von Topos und Typus. Die Grundriss-Skala der Wohnbauten reicht von kleineren, eingeschossigen, quer durchlüfteten und belichteten Einheiten mit kleinen Loggien oder Bow-Windows über Maisonetten mit Garten im Erdgeschoß bis hin zu Maisonetten mit der Altana, der venezianischen Wohnpergola am Dach, von wo aus sämtliche Kuppeln der Palladio-Kirchen wie auf einem Tablett gereicht erscheinen.

Diese kleine neue Stadt am Wasser ist der größte moderne Eingriff im historischen Gewebe Venedigs nach dem Zweiten Weltkrieg, was die unaufhörlichen Auseinandersetzungen mit den Denkmalschutz-Organen geradezu nahe liegend erscheinen lässt. Sie wären letztlich nicht positiv zu lösen gewesen, wenn sich nicht Venedigs Bürgermeister Cacciari und sein Architektur-Stadtrat D'Agostino (er selbst ein "Giudeccaner") persönlich und kontinuierlich für diese auch für die Politik als Vorzeigeobjekt auserkorene Planung eingesetzt hätten.
B.P.

Boris Podrecca, Triestiner, Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien.

Realisierte Projekte (Auswahl): Bürozentrum Basler Versicherung in Wien (1993), Millennium Tower (mit G. Peichl und R. Weber) in Wien (1999), Campus Vienna Biocenter in Wien (2003, 2005), Stadtbücherei in Biberach, Deutschland (1995), Hotel Greif Areal in Bozen (2000), Museum Moderner Kunst Ca' Pesaro in Venedig (2002), Masterplan Campione del Garda (in Bau), Masterplan Conegliano (in Bau), Kunstgewerbemuseum in Limoges (Baubeginn 2008), Universitätszentrum Maribor (2000), Hotel Mons in Ljubljana (2004), Hotelresorts in Zadar und Dubrovnik, Kroatien (in Bau).
Zuletzt internationales Gutachten 2007, Städtischer Block mit Galerie in Zagreb, 1. Preis.
Zahlreiche Platzgestaltungen in Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien und Kroatien.

Gastprofessuren in Lausanne, Paris, Venedig, Philadelphia, London, Wien und Harvard/Cambridge (Boston). Seit 1988 ordentlicher Professor an der Universität Stuttgart, Direktor des Institutes für Raumgestaltung und Entwerfen.

Auszeichnungen: Chevalier des Arts et des Lettres, Paris (1986), Kulturpreis der Stadt Wien für Architektur (1990), Joze Plecnik-Preis, Ljubljana (1992), Ehrenmitglied Bund Deutscher Architekten (1996), Premio San Giusto d’oro, Triest (1997), Ehrendoktor der Universität Maribor (2000), Premio "Il Principe e l’Architetto", Milano (2003). Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2004).


Weiterführende Links:
boris.podrecca@podrecca.at
Projektliste in der nextroom architektur datenbank

   
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