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Wer auf einer der Terrassen dieses Hauses steht, sieht zum Greifen nahe das üppige Grün alter Bäume, die längst nicht mehr gepflegt werden und sich mit ungebändigter Kraft des Terrains bemächtigten, auf dem ein Wahrzeichen der reichen Stadt Triest steht. Ein Symbol für Aufbruch, Blüte und Verfall einer Gesellschaft, deren einstiges Wachstum keine Grenzen zu kennen schien. Die "Villa Tripcovich" ist verlassen, ein Mann des Wachdienstes haust darin und schert sich nicht um den von der Decke rieselnden Putz. Die "Villa Tripcovich" steht unter Konkursverwaltung, ihr letzter Bewohner, der Baron, musste sich mit 82 Jahren eine neue Bleibe im Zentrum suchen, auf das er einst herabgeschaut hatte, im riesigen Schwimmbad ein paar Terrassen tiefer verwehrt modriges Laub dem Regenwasser den Abfluss, und die Remise und die Gemäuer der Bediensteten atmen stockigfeuchte Luft. In besseren Zeiten waren hier Herbert von Karajan, Maria Callas und Alberto Moravia zu Gast, Josè Carreras, Barbara Hutton und andere des internationalen Jetsets, die die Stille im riesigen Park genossen, sich vom dreißigköpfigen Personal umsorgen ließen. Heute blättert die Farbe von den letzten, schief hängenden Gemälden an den Wänden, dicke Staubschichten bedecken Bibliothek und Musikinstrumente. Der Wintergarten ist in ohnmächtigen Schlaf versunken und lange ist es her, dass der letzte Wagen die Auffahrt verlassen hat. Die "Villa Tripcovich" wird bald zwangsversteigert, davor schützt sie auch die Denkmalschutz- verordnung nicht. Und wer weiß, was dann mit ihr geschehen wird. Dank Beziehungen und Beharrlichkeit wird dann doch jemand einen Weg finden, das Gelände aufzuteilen und mit architektonischer Mittelmäßigkeit zu überziehen, Apartmentanlage, Supermarkt, Friseursalon. Schließlich ist die Lage zu schön, als dass ein profitbewusster Bauherr sie nicht bis zum letzten Quadratmeter ausnutzen wird. Der Dornröschenschlaf der "Villa Tripcovich" weicht dann ihrem Tod. Wer den Blick von den Terrassen der "Villa Sottolfaro" über die Stadt, den alten Hafen bis zur Baja di Muggia und nach Miramare streifen lässt, genießt ein Spektakel, das seinesgleichen nur schwer finden wird. Es ist ein Haus, das atmet, dem vor fröhlicher Leichtigkeit fast die Lungenflügel platzen, das glücklich, fast triumphierend über Stadt und Meer schaut, als gehörte dies alles ihm. Die unaufdringliche Architektur erdrückt nicht den nach allen Seiten offenen Blick, sondern begleitet ihn in ihrer zurückhaltenden Moderne. "Sottolfaro" scheint wie eine Antwort auf den Verfall, der sich in der Nachbarschaft unter die alten Bäume duckt. Dieses Haus ist ein Zeuge von lustvollem Mut, ein frecher Widerspruch in einer Umgebung, die unter altem, fettem Reichtum leidet, der jede Bewegung mühsam werden lässt. Dieses Haus ist unbezwingbar schön, doch allein seine Existenz ist unbequem, denn in Triest lebt man noch immer mehr von der Erinnerung an bessere Zeiten, die niemand in der Stadt mehr selbst erlebt hat, als von frischer Tatkraft. Die Hafenstadt am nördlichen Golf der Adria ist stolz auf sich und weiß nicht, wie sie ihre Zukunft gestalten soll. Ihr alter Reichtum wird von Kleingeist verwaltet, der nur eines mit Bestimmtheit ahnt: Sobald es vorangeht, verliert er die Macht. Der Hafen Zentraleuropas schläft, die Universität döst im Mittelmaß, vierzig Museen, die Europa beherbergen, atmen schwer, und kein zeitgemäßes Verkehrskonzept hat Chance auf Verwirklichung. Triest leidet an seiner ehemaligen Größe – und ist nicht einmal darin federführend, sondern wieder und wieder ein Beispiel der gegenwärtigen europäischen Stadt. Doch diese "Villa Sottolfaro" ist der lebendige Widerspruch und wirft Fragen auf: Was konnte der Antrieb sein, für jemand, der ein solches Haus so nahe neben die "Villa Tripcovich" stellt, die dadurch geradewegs zur Karikatur ihrer selbst wird? Ist es Größenwahnsinn, Verrücktheit, Realitätsferne? Hat ihn nicht einmal die bürokratische Verweigerung, die nichts Neues will als das längst Bekannte, abzuschrecken vermocht? Besitzt er überirdische Kräfte, ist er ein Wirtschaftsmagnat mit den notwendigen Verbindungen? Oder waren es Blindheit und Naivität, die ihn seiner Idee treu zubleiben hießen? Peter Lorenz hatte drei Vorteile: Wer Bauherr und Architekt in einem ist, verzichtet auf den ersten Kompromiss und als ferner Sohn Triests war er wild darauf, hier etwas zu gestalten. Er teilt die Sehnsucht nach seinem Triest und sogar den Stolz der Triestiner auf ihre Stadt mit jenen, die sich dem Fortschritt verweigern und seinem Werk argwöhnisch auflauerten. Die richtige Mischung aus Mut und Trotz jenes, der weiß, dass er auf dem richtigen Weg ist, ließen ihn durchhalten – sowie die Weigerung, sich der Stagnation unterzuordnen. Nun ist die "Villa Sottolfaro" bezogen, und sie scheint zwischen Himmel und Meer zu tanzen. Am Fuße des Leuchtturms steht sie, der "Faro della Vittoria" heißt, Symbol des Sieges über eine schwere Zeit. In regelmäßigem Takt wirf er sein Licht hinaus auf die offene See. Von den Terrassen des Hauses zu seinen Füßen folgt nächtens der Blick dem Leuchtfeuer bis an den Horizont, der verspricht, dass es dahinter weitergeht. Manchem macht dies auch weiterhin Sorgen, anderen bereitet es unbändige Freude des Aufbruchs. "Sottolfaro" zeigt, dass sich auch in Triest wieder etwas tut – wer einmal die Welt gesehen hat, kann nicht für immer verweilen. Veit Heinichen Peter Lorenz, 1980 Bürogründung in Innsbruck, seit 1991 auch in Wien, lebt an verschiedenen Orten oder ist unterwegs. Sein zentrales Thema als Architekt ist "... das ständige Arbeiten am Raum, am Schaffen eines Ortes ...". Er weigert sich zu spezialisieren und liebt "... Architektur in jeder Dimension ..." – das marketingorientierte Suchen nach einem persönlichem "Stil" ist ihm unwichtig. Realisierte Projekte (Auswahl): Wohnhaus Gant in Innsbruck (1981), Mode Leitner in Innsbruck (1985), Menardihaus in Innsbruck (1978), Stadthaus "Alt-Insprugg" in Innsbruck (1992-94), Stadtvilla Conrad 3 in Innsbruck (2003), M-Preis Filialen in Telfs (2001) und Niederndorf (2004-2005), Industrial Design Rapsel Lavandino "Trieste" (1993), soziale Wohnanlage "Tatzlwurm" in Jenbach (1994), Wohnanlage "Wohnen zur Sonne" in Telfs (2005), Wohnbau "3 aus 5 Schwestern" in Wien (2006), das Hotel "Das Triest" in Wien (1994), städtebaulicher Masterplan "Mehrwert Simmering" in Wien (1998-2003), "Einkaufsquartier Q19" in Wien (2006), Wohnanlage "Abitare Sottolfaro" in Triest (2005). Wettbewerbsgewinne (Auswahl): Ilirja Sportcity in Ljubljana (2001), Telekom-Büroturm (2001), Leitbild Simmering/Gasometerumfeld in Wien (1998), EKZ Linz (2001), Bahnhof in Bischofshofen (2002), Showroom Gienger in München (2006). Gastdozent an verschiedenen Universitäten in Europa und Asien, Juror bei Gutachten/Wettbewerben, Vortragender/Teilnehmer unterschiedlichster Workshops, Konferenzen, viele Initiativen in Sachen Städtebau und Architektur. Initiator der Ausstellung "Austria West" (2002-05). Jüngste Publikation: "RE_ACTION_S", Libria (2006). Weiterführende Links: www.peterlorenz.at Projektliste in der nextroom architektur datenbank |
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