Vorträge nonstop. ORF RadioKulturhaus Wien. Samstag, 6. März 2010. 13.00 bis 22.00 Uhr.
"Turn On Partner". TU Wien | Kuppelsaal. Freitag, 5. März 2010. 13.30 bis 19.00 Uhr.
Wohnbau Orasteig | Wilhelm-Kaserne
 
Die Geschichte horizontaler Verdichtung ist in Asien, Südeuropa, Nordafrika und später auch in Süd- und Mittelamerika eng mit dem Hofhaus verbunden. In den islamischen Kulturen spielt für die Behausungsfrage die archaische Urform des Hofhauses eine zentrale Rolle. In Europa hingegen gibt es nach wie vor wenige Beispiele für Teppichbebauungen, die von der linearen in eine flächige Struktur mit extrem hoher Dichte überleiten. Dies liegt wohl primär an der fehlenden Tradition für introvertierte Wohnformen wie Hof- und Atriumhäuser. Die bisher entwickelten Wohntypologien und Bebauungsstrukturen reichen aber nicht mehr aus, um die durch das rasche Anwachsen der Städte entstandenen neuen Aufgaben zur Behausungsfrage zu lösen. Daher sind neue Stadtmodelle mit exemplarischen Lösungen gefragt.

Neue Siedlung- und Stadtentwicklungskonzepte brauchen aber neue Grundriss- und Gebäudetypologien, die wiederum zu neuen Lösungen der Wegeführung und des Raumgefüges führen. Seit 1993 beschäftigt sich unser Architekturbüro mit Fragen der horizontalen Verdichtung im Wohnungs- und Siedlungsbau und den daraus ableitbaren weitreichenden Konsequenzen hinsichtlich städtebaulicher, ökonomischer und ökologischer Aspekte. Dabei ist eine wesentliche Erkenntnis die Wechselwirkung der kleinsten Einheit – der Wohnung – mit dem städtebaulichen Ganzen, also der Wohnform inklusive der entsprechenden Erschließungskonzepte und der damit entwickelbaren Siedlungsstrukturen.

Ableitbar sind folgende wesentliche Vorzüge kompakter Siedlungsformen in horizontaler Verdichtung:
• geringer Landverbrauch
• bessere Energiebilanzen
• reduzierte Aufwendungen für die erforderliche Infrastruktur
• Reduktion der ansteigenden Wohnkosten durch Verringerung der Grundanteilskosten
• trotz Dichte höhere Wohnqualität durch klar abgegrenzte private und öffentliche Freiräume
• Förderung des gesellschaftlichen Sozialkapitals durch Aufwertung nachbarschaftlicher Kontakte
• Unterstützung von Raumwahrnehmungsprozessen der BewohnerInnen im Innen- und Außenbereich
• bessere urbane Qualität im Vergleich zu den gegenwärtigen Satellitensiedlungen der Peripherie
• vielleicht ein Schließen der vorhandenen Kluft zwischen Historismus und Moderne

Wohnhausanlage Orasteig
Im Rahmen eines Bauträgerwettbewerbes zur "Neuen Siedlerbewegung" für eine Wohnhausanlage am Orasteig in Wien 21 konnten aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen bei der Realisierung eines Bauteiles einige der angeführten Aspekte umgesetzt werden.

Entsprechend der Nachfrage nach "Wohnen im Grünen" wurden in Stadtrandlage mit ausreichender sozialer Infrastruktur spezielle, familiengerechte Atriumwohnungen bzw. Atriumhäuser entwickelt. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf private, den Wohnungen und Häusern zugeordnete Freiräume gelegt. Teilweise erzielen Wohntypen trotz hoher Dichte Einfamilienhaus-Charakter mit Pkw-Stellplatz und Kelleranteil im Haus.

Wohnhausanlage Wilhelm-Kaserne
Für die geförderte Wohnhausanlage auf dem Areal der ehemaligen Wilhelm-Kaserne in Wien 2 wurden an der für Wiener Verhältnisse großzügig angelegten Vorgartenstraße spezielle, barrierefreie Wohnungen mit überhöhten Wohnräumen und Loggien errichtet.

Zwei durchgesteckte Wohnungen umschließen, ½-geschossig zueinander versetzt, einen Stiegenhauskern. Über je drei Geschosse erhält so ein Drittel der Wohnungen Raumanteile und Loggien mit überdurchschnittlichen Raumhöhen von 3,90 m. Unter Ausnutzung einläufiger Treppen als Wohnungstrenner erschließen die Stiegenhäuser zusätzliche Maisonetten mit durchgesteckten Wohnebenen. Der so gebildete "Vierspänner" erlaubt eine Vielfalt von Wohnungstypen und reduziert die Anzahl der Stiegenhäuser.
W.St.

Walter Stelzhammer, geb. 1950 in Vöcklabruck/OÖ. Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Prof. E. A. Plischke und Prof. Gustav Peichl. Seit 1980 freischaffender Architekt in Wien. 1984–97 "Maison Turquoise" (Eigenbau) in Fethiye/Türkei. Seit 1982 Lehraufträge an der TU Wien. 2004–2008 Lektorat für Architektur an der FH Wien. Seit 2003 Vorsitzender des Vereins "Ernst Anton Plischke Gesellschaft". Seit 2006 Vorsitzender der Bundessektion Architekten der bAIK.

Generalsanierungen: Wohngruppen der Wohnhäuser Karmelitergasse 5, Wien 2 (1984), Mitterberggasse 11, Wien 18 (1989), Gründerzeithaus der ÖBV, Grillparzerstraße 14, Wien 1 (1994), Kallco-Firmensitz, Schlossgasse 13, Wien 5 (1989-2000).

Realisierte Projekte (Auswahl): Wohnhausanlage Mandlgasse, Wien 12 (1989), Wohnhausanlage Mühlgrundweg, Wien 22 (1996), Wohnhausanlage "Ostarrichi" mit Seelsorgezentrum "Hl. Katharina von Siena", Wulzendorfstraße, Wien 22 (1996), Wohnhausanlage Leberberg, Wien 11 (1997), Wohnhaus Kreuzgasse, Wien 18 (1999), "Wohnarche" Atzgersdorf, Ziedlergasse, Wien 23 (2000), Wohnhaus Brünnlbadgasse, Wien 9 (2000), Wohnhausanlage Adalbert-Stifter-Straße, Wien 20 (2002), Wohnhausanlage Maria-Rekker-Gasse, Wien 10 (2002), Wohn-Durch-Haus Columbusgasse/Senefeldergasse, Wien 10 (2003), Fachmarkt MegaBaumax, Wien 21, (2004), Wohnhäuser Lewischgasse, Langenlois/NÖ (2007), Wohnhausanlage Orasteig, Wien 21 (2009), Wohnhausanlage ehem. Wilhelmskaserne, Wien 2 (2009).

Aktuelle Projekte (Auswahl): Generalsanierung und Neubauten der Wohnhausanlagen "Stadt des Kindes", Wien 14 und Mariannengasse/Höfergasse, Wien 9, Wohnhausanlage Ödenburgerstraße, Wien 21, Wohnhausanlage Kaiser-Ebersdorfer-Straße, Wien 11, Wohnhausanlage Grieskai, Graz, zahlreiche Einfamilienhäuser.

Auszeichnungen (Auswahl): Österreichischer Förderungspreis für bildende Kunst/Architektur für "Haus am Wasser" (1978), Stadterneuerungspreise für Generalsanierungen Karmelitergasse 5, Wien 2 (1984), Mitterberggasse 11, Wien 18 (1989) und ÖBV Grillparzerstraße 14, Wien 1 (1996), Adolf Loos Medaillen für Wohnhaus Mandlgasse 25–27, Wien 12 (1992) und Wohnsiedlung Mühlgrundweg, Wien 22 (1996), Otto Wagner Städtebaumedaillen für Wettbewerb Süssenbrunn (1996) und Marchfelder Quartiere (1998), Preis der Stadt Wien für Architektur (2004), Österreichischer Baupreis für Hof- und Atriumhäuser, Wien 21 Orasteig und Langenlois/Lewischgasse (2009).


Weiterführende Links:
www.architekt-stelzhammer.at
Projektliste in der nextroom architektur datenbank

   
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